Foto ©staphblog Bild von Jörg ImmendorfDer Schock ist groß, in den USA, weltweit und parteiübergreifend in Deutschland, wo der Großteil von Befragten von einer Wahlsiegerin Hilton Clinton heute am 9. November 2016 ausgegangen ist. Stattdessen ist es ein ungehobelter Kandidat, der den meisten Menschen hier einfach unvorstellbar schien. Auch ich dachte zunächst heute Morgen ich höre nicht richtig, als ich den Namen Trump in Verbindung mit dem Wort Präsidenten in den Nachrichten hörte. Ja, tatsächlich es ist wahr, vernahm ich im Weiteren: Donald Trump, dieser verbale Umsichschläger, dieser hässliche Amerikaner mit seiner immer wieder widerwärtigen Stimmungsmache gegen das politische Etablissement, gegen Immigranten und sogar Behinderte, mit Aufrufen zur privaten Bewaffnung, mit seiner Vorstellung eine Mauer zwischen den USA und Mexiko zu bauen, hat die Präsidentschaftswahlen in den USA gewonnen und die Stimmen in den meisten Staaten der USA geholt – anders als es die meisten Prognosen gestern Abend (nach MEZ) noch erwarten ließen. Hillary Clintons Siegesparty, die im Vorfeld unter Einladung der internationalen Medien so gut organisiert war, wurde in der Nacht von ihrem Pressesprecher abgesagt.
Nein, keine erste Frau im Weißen Haus mit jahrelanger Politikerfahrung. Nein, kein Sieg der Demokraten, nicht einmal im Senat und Repräsentantenhaus. Der zukünftige Präsident der USA wird größte Machtbefugnisse haben. Nordamerika hat so gewählt. Der 9. November ist nicht das erste Mal ein historisch bedeutsamer Tag. Für die einen ist dieser Sieg ein Segen - viele seine Wähler sehen es genau so und scheinen ihn zu geradezu zu vergöttern - für viele in den USA ist es ein massiver Schock, mit größter Angst vor der Zunkunft verbunden. Viele Stars und Sternchen in Californien haben für Hillary Clinton geworben, ebenso wie große Teile der Medien und der modernen IT-World hinter ihr, der ersten weiblichen Anwärterin auf das Präsidentenamt in den USA standen. Sie machen aber, wie nun unschwer zu übersehen nun mal nicht die ganze nordamerikanische Bevölkerung aus. Sehr viele Amerikaner haben an dieser schöner Glitter- und Technowelt, einer zweifellos priviligierten Bevölkerungsschicht keinen Anteil. Sie darben und wurden wirtschaftlich abgehängt.
Das Establishment ist abgewählt. Es lebe das Establishment!
Die aktuellen Schockstarren werden vergehen, die viel zitierte Unberechenbarkeit des neuen US-Präsidenten mit seinen rückwärtsgewandten radikal-konservativen Ansichten, die den Klimawandel der Erde leugnen, Immigranten ausweisen wollen und einen autoritären frauenfeindlichen Machthaber wie Putin schon im Vorfeld der Wahlen lobte, wird vermutlich bleiben.
Dass der neue US-Präsident gerade auch mit den Stimmen der verarmten weißen Bevölkerung gewählt worden sein soll, darf als Quittung gegen das Establishment angesehen werden, die auch Europa längst mehrfach gegeben wurde. Nicht zuletzt mit dem Brexit. Die vielzitierten Gräben in der amerikanischen Gesellschaft gibt es auch bei uns in Europa und in Deutschland, seit Jahren und es wird immer schlimmer. Nicht nur viele US-Amerikaner haben Ihr Dach über den Kopf verloren, sondern auch in Deutschland findet ein harter und unfairer Verdrängungskampf in den Städten gegen ärmere Bevölkerungsschichten statt. Diese Zustände haben mit den Flüchtlingen nichts zu tun, es gab sie schon vorher und sie gefährden ebenfalls schon lange die westlichen Demokratien.
Im Übrigen gibt es auch US-Amerikaner, die keine Trump-Fans sind, und die die Wahl dieses Mannes wesentlich weniger dramatisch ansehen als viele Deutsche und Europäer. Sie wollten keinen Konservativen, aber sie wollten das Establishment in den USA abwählen, ein Zeichen gegen dieses System setzen, das nicht nur eine Email-Affäre von Hillary Clinton, sondern auch einen Whistleblower namens Edward Snowden hervorgebracht hat und vielen als korrupt erscheint und viele um ihren fairen Lohn gebracht hat - soweit mir bekannt gerade mit internationalen Freihandelsabkommen wie NAFTA, die den Arbeitsmarkt ungemein verschärft und massenweise Billiglöhne hervorbracht und viele Menschen in die Armut gestürzt haben. s.a. Artikel TTIP, CETA, NAFTA - Freier Handel, den wir nicht meinen.
Dass es, wie ein amerikanischer Soziologe heute in einem Interview erläuterte, gerade die Republikaner waren, die die geplanten Bildungs- und Weiterbildungsprogramme der Demokraten für die gebeutelte Klientel mit ihrer Stimmenmehrheit im Senat verhinderten, konnte offenbar in dem Wahlkampf, der von Schuldzuweisungen und Beschimpfungen geprägt war nicht vermittelt werden. Die USA haben seit Jahren ein Armutsproblem - wie wir in Europa - das nicht gelöst werden konnte. Und so war es laut Statistik in den ARD vor allem die Wirtschaftspolitik, die die Wähler in so hoher Zahl in die Wahllokale trieb und für Trump stimmen ließ: Make Amerika great again. Populismus ist massenwirksam. Wahlen, vor allem solche wie in den USA bedienen Masse und nicht Klasse.